Grundlagen der Herstellung
Unsere Rohstoffe
Für unsere Hartporzellanherstellung werden nur natürliche Rohstoffe für Masse und Glasur verwendet. Dabei werden die Mineralien, die meist im Tagebau gewonnen werden, zuerst beim Rohstofflieferanten aufbereitet. Die notwendigen Verfahrensschritte sind dort in der Regel Zerkleinern, Begleitmineralien abtrennen, Waschen, Sieben und Trocknen. Dabei kann das Verfahren sehr komplex sein, um z. B. färbende Begleitmineralien (z.B. Eisenverbindungen), die im Porzellan nicht erwünscht sind, abzutrennen. Für unser Qualitätsporzellan können nur Rohstoffe eingesetzt werden, die frei von Begleitmineralien sind, und die in ihrer chemischen und mineralogischen Zusammensetzung von Lieferung zu Lieferung gleich sind.
Die Aufbereitung unserer Hartporzellanmassen
Die Rohstoffe bedürfen einer intensiven Vermahlung und Vermischung. Dazu werden die sogenannten 'Hartstoffe' (Quarz, Feldspat, Dolomit, Kalkspat, Kreide) in Trommelmühlen, zusammen mit Wasser und Mahlkörpern, aufgemahlen. Die größten Mühlen fassen mehrere Tonnen Rohstoffe, und der Mahlprozess für die Glasur dauert mehrere Tage. Nach beendeter Mahlung werden die plastischen Rohstoffe (Kaolin und Ton) zu den Hartstoffen zugegeben, und die gesamte Mischung (der 'Porzellanversatz') intensivst vermischt. Danach wird die Rohstoffsuspension abgesiebt und über Magnete geleitet, um auch die kleinste Verunreinigung zurückzuhalten. Die Suspension wird dann einer Filtration in sogenannten 'Kammerfilterpressen' unterzogen.
Hier wird der größte Teil des Prozesswassers abgetrennt, und es resultieren Massekuchen mit einem Wassergehalt zwischen 18% und 22%. Diese Massekuchen sind das Vorprodukt für die beiden Formgebungsverfahren 'Drehen' (z.B. Teller, Tassen, Salatschüsseln) und 'Gießen' (z.B. Zuckerdosen, Kaffee- oder Teekannen, Saucieren). Für das 'Drehverfahren' wird der Massekuchen in einer sogenannten 'Vakuumstrangpresse' zu einem Massestrang verarbeitet, wobei die Porzellanmasse gleichzeitig durch Vakuum von eingeschlossener Luft befreit wird. Damit erzielt man eine sehr bildsame Masse, die auch feinste Details des Modells wiedergeben kann. Für die Formgebung durch 'Gießen' werden die Massekuchen mit Wasser und einem sogenannten 'Verflüssiger' zu einer Suspension aufbereitet, deren Konsistenz der von Sahne sehr ähnlich ist.
Formgebung
Bei der Formgebung der Porzellanartikel unterscheidet man im Wesentlichen drei Verfahren: Das Drehen (Formen) der plastischen (feuchten) Porzellanmasse, das Pressen (Verdichten) einer pulverförmiger Masse, das Giessen einer flüssigen Masse, das auch durch Anwendung von Druck (Druckguß) beschleunigt werden kann.
Die Flachgeschirrdreherei
Beim Formen von Tellern wird eine Scheibe der Porzellanmasse zwischen einer Gipsform und einer heheizten, rotierenden Stahlschablone ausgeformt. Dabei wird die Ansichtsseite des Tellers durch die Gipsform bestimmt, während die Stahlschablone die Rückseite des Tellers ausformt. Nach diesem Vorgang wird die Gipsform zusammen mit dem Artikel ca. 30 Minuten bei 60°C getrocknet. Danach kann der Teller von der Gipsform abgehoben werden. Die leere Gipsform wird dem Formgebungsvorgang wieder zugeführt, und dabei getrocknet, um wieder Feuchtigkeit aus der Porzellanmasse aufnehmen zu können.
Die Gipsformen haben allerdings eine begrenzte Lebensdauer. Bei Tellern, die mit einem Relief versehen sind, genügt die Oberfläche der Gipsform bereits nach 50 Zyklen nicht mehr den Anforderungen des Qualitätsporzellans.
Bei Tellern, die nicht mit einem Relief versehen sind, kann die Gipsform ca. 120 mal überformt werden. Der Artikel selbst wird dann weiter intensiv getrocknet, was die Voraussetzung für den nun folgenden ersten Brand, den sogenannten Gühbrand ist.
Die Flachgeschirrpresserei
Die Kosten für die Herstellung einer Pressform sind sehr hoch.
Aufwändige Konstruktionen erfordern vom CAD-System beträchtliche Leistungen. Drehformen sind im Gegensatz zu Presswerkzeugen erheblich schneller herzustellen, haben allerdings nur eine begrenzte Lebensdauer und müssen daher ständig ersetzt werden. Beim Pressen wird die keramische Masse als Pulver zwischen einem Ober- und Unterstempel mit einem Druck von ca 300bar verdichtet. Auf diese Weise hergestellte Artikel müssen i.d. Regel vor dem ersten Brand (Glühbrand) nicht getrocknet werden. Außerdem müssen im Gegensatz zum Drehverfahren keine Gipsformen erzeugt werden. Mit diesem Verfahren ist die Herstellung von sehr maßgenauen Tellern, mit breiten, flachen Fahnen möglich. Die Wiedergabe auch von feinen Details im Reliefs bleibt über die gesamte Lebensdauer der Pressform konstant.
Die Becherdreherei
Jetzt wird noch der Henkel, der im Gießverfahren (siehe dort) hergestellt wird, in Handarbeit an den Körper angarniert. Bevor die Tasse in den ersten Brand gehen kann, muss sie noch intensiv getrocknet werden.
Die in der Masseaufbereitung hergestellten Massezylinder ('Hubel') werden in der Maschine zur Herstellung von Tassen nochmals zu dünneren Massesträngen gezogen. Von diesen werden Massestücken abgeschnitten, die dann mit einer Stahlschablone (Innenkontur) und einer Gipsform (Außenkontur) zu einem Tasse ausgeformt werden. Danach wird die Form zusammen mit dem Artikel ca. 7 Minuten bei 60°C getrocknet. Die Tasse (noch ohne Henkel) kann jetzt der Gipsform entnommen werden. Die leere Form wird nach einer Rücktrocknung wieder dem Formgebungsvorgang zugeführt. Der Tassenkörper bedarf noch einem Verrunden des Mundrandes. All diese Vorgänge sind automatisiert, weshalb die Maschine die Bezeichnung 'Tassentaktstrasse' trägt.
Das Druckgießverfahren
Beim Druckgießen wird nicht wie beim Gießen (Hohlgussteile wie Kannen) oder Drehen (Teller oder Tassen) der Werkstoff Gips als Entwässerungsform eingesetzt, sondern ein poröser Kunststoff. Dieses Verfahren wird für 'Vollgussteile' wie ovale und rechteckige Platten oder Auflaufformen eingesetzt. Der Druck, mit dem das "flüssige Porzellan" (Schlicker) zwischen die Kunststoffhälften gepresst wird, beträgt ca. 30 bar. Das Wasser des Schlickers wird durch die Poren des Kunststoffes herausgepresst, es findet eine Filtration statt, die zwischen 30 Sekunden und mehreren Minuten dauert. Danach kann der Artikel aus der Form genommen werden. Es schließt sich das verputzen der Formnaht (Grat) und das Trocknen des Artikels an. Die Vorteile der Kunststoffform gegenüber der Gipsform sind eine weit höhere Lebensdauer, eine höhere Maßhaltigkeit des erzeugten Artikels und detailgetreue Wiedergabe von Reliefs über die gesamte Lebensdauer der Form.
Die Gießerei
Für das Gießverfahren werden die Massekuchen aus der Masseaufbereitung (siehe dort) mit Wasser und Verflüssigern zu einem Schlicker aufbereitet. Dieser wird in eine Gipsform gegossen, die mindestens aus zwei Teilen besteht. Der Gips saugt das Wasser aus dem Porzellanschlicker auf, und es baut sich eine relativ feste Schicht Porzellanmasse an der Gipsform auf.
Dieser Prozess des kontinuierlichen Aufbaus des Artikels dauert einige Minuten. Wenn die gewünschte Wandstärke des Teiles erreicht ist, wird der überschüssige Schlicker ausgegossen, und dem Prozess wieder zugeführt. Die Form mit dem an der Wandung aufgebauten Artikel wird mit Warmluft beaufschlagt um eine Verfestigung des Artikels zu erzielen. Danach kann die Form geöffnet, und der Artikel entnommen werden.
Nach endgültiger Trocknung wird der Artikel in Handarbeit von den Formnähten (Grat) befreit. Die leere Gipsform wird nach einer Trocknung wieder einem neuen Gießprozess zugeführt.
Die Trocknung
Die Beheizung der Trockner erfolgt meist mit Abwärme aus den Brennöfen, oder mit Brennern, die mit Erdgas gespeist werden.
Nach der Formgebung müssen die Artikel getrocknet werden, um danach den ersten Brand, den Glühbrand, zu durchlaufen. In den Durchlauf- oder Kammertrocknern werden die Teile mit warmer Luft von 40°C bis 120°C beaufschlagt. Die Trockenzeit beträgt mehrere Stunden bei Geschirrteilen, und kann mehrere Tage bei Porzellanfiguren erfordern.
Der erste Brand: Der Glühbrand
Nach dem Brand wird die Masse durch das Eintauchen in Wasser nicht mehr weich, ist etwas verfestigt, und besitzt eine hohe Porosität. Diese Merkmale sind Voraussetzung für den nun folgenden Vorgang des Glasierens.
Vor dem Glasieren müssen alle Artikel, gleich aus welchem Formverfahren sie stammen, durch den Glühbrand gehen. In diesem Brand, der ca. 24 Stunden dauert und eine Höchsttemperatur von 900°C erreicht, verliert die Porzellanmasse ihre 'plastischen' Eigenschaften.
Das Glasieren
Die Rohstoffe für die Porzellanglasur sind im Wesentlichen die natürlichen Minerale Quarz, Feldspat, Dolomit, Kalkspat und Kaolin. Diesen Rohstoffe werden als wässrige Suspension feinst vermahlen und von färbenden Verunreinigungen befreit. In diese Suspension wird der Artikel kurz eingetaucht, und der poröse Artikel saugt die Suspension begierig auf. Dabei wird der Artikel gedreht und geschwenkt, um eine gleichmäßige Auflage der Glasur zu erzielen.
Nach wenigen Sekunden ist die Glasur grifffest, und die Standfläche für den nun folgenden Glattbrand kann durch abwischen von der Glasur befreit werden. Viele Artikel werden bei Seltmann auch heute noch von Hand glasiert, da nur so die hohe Qualität unserer Produkte erzielt werden kann.
Der Glattbrand
Die Glasur wird in diesem Brand wie ein Glas erschmolzen, gibt dem Porzellan die Brillanz und die widerstandsfähige, kratzfeste Oberfläche.
Nach dem Auftrag der Glasurrohstoffe auf die verglühten Artikel erfolgt der sogenannte Glattbrand. In einem energiesparenden modernen Brenntischofen dauert dieser Brand ca. sechs Stunden.
Die Höchsttemperatur liegt bei 1400°C. In diesem Brand wird die Porzellanmasse durch verschiedene chemische Reaktionen in ihren endgültigen Zustand überführt. Sie erhält die hohe mechanische Festigkeit, den hohen Weißgehalt und die für Porzellan typische Transparenz.
Die Dekoration
Aufglasurdekore werden ebenfalls auf den fertigen, weißen Artikel aufgebracht, und bei ca. 800°C eingebrannt. Diese Dekorationsvariante hat die höchste Farbauswahl, und wird für hochwertige Produkte eingesetzt.
Man unterscheidet zwischen Unterglasur-, Inglasur- und Aufglasurdekoration. Bei der Unterglasurdekoration wird die Farbe auf dem geglühten Scherben aufgebracht, dann glasiert und gebrannt. Da die Farbauswahl, bedingt durch die hohen Brenntemperaturen, gering ist, wird diese Dekorart kaum noch angewendet. Beim Inglasur-Verfahren, das heute weitest verbreitete, wird das Dekor auf die fertiggebrannte Glasur aufgebracht. Im nachfolgenden Dekorbrand sinken die Farben des Dekors bei Temperaturen zwischen 1200°C und 1250°C in die Glasur ein, und sind damit bestens gegen einen Angriff in der Spülmaschine geschützt.
Drucken von Hand
Das Auftragen der Abziehbilder auf das Geschirr gehört auch heute noch zu den handwerklichen Tätigkeiten in einer Porzellanfabrik.
Für diese Dekorationstechnik werden keramische Farben im Siebdruckverfahren auf ein speziell beschichtetes Papier aufgebracht. Jede Farbe muss in einem eigenen Druckdurchgang verarbeitet werden. Mehrere Motive (Tasse, Untertasse, Zuckerdose etc.) eines Dekors werden auf einen Bogen von ca. 50 x 60 cm gedruckt, um die Fläche des Bogens bestmöglich zu nutzen. Zum Abschluss wird über die verschiedenen Farblagen eines Motivs ein farbloser Lack gelegt. Die Bögen werden dann mit Hilfe einer kameragesteuerten Schneidemaschine in ihre einzelnen Motive aufgeteilt. Diese Einzelbilder werden mit Wasser benetzt, die Papierbeschichtung verändert sich in eine Gleitschicht, und das Bild kann durch abschieben auf den Porzellanartikel übertragen werden. Großes handwerkliches Geschick und mehrjährige Erfahrung der Mitarbeiterinnen ist nötig, um diese Bilder absolut parallel zu den Konturen des Artikels anzulegen, und dann noch falten- und verzugsfrei und ohne Lufteinschlüsse an die Oberfläche anzuschmiegen.
Druckerinnen sind "das handwerkliche Kapital" eines erfolgreichen Unternehmens und entscheiden in ihrer Arbeit über die Qualität des Geschirres.
Das Malen
Die wohl älteste Dekorationstechnik für Porzellan, das Malen, darf auch heute in einer Porzellanfabrik nicht fehlen. Dazu werden keramische Farben, meist komplexe Mischungen von Farboxiden, sehr fein aufgemahlen, mit Balsamölen zur richtigen Konsistenz gebracht, um dann mit feinen und feinsten Pinseln auf das Geschirrteil aufgebracht zu werden.
Gold und Kobaltbänder verzieren noch heute klassische und moderne Porzellanartikel.
Das Spritzen
Die Dekoration mittels Spritzen gehört zu den aufwändigen Dekorverfahren. Mit dieser Technik ist es möglich, große Flächen mit kräftigen, brillanten Farben, aber auch weichen Pastellfarben zu dekorieren. Diese Dekorationstechnik wird auch heute noch überwiegend von Hand ausgeführt. Bei einfacher Geometrie des Artikels werden auch schon Roboter eingesetzt.
Der Dekorbrand
Nach der Dekoration des Weißgeschirres durch Malen, Bedrucken oder Spritzen, erfolgt der Dekorbrand.
Er verschmilzt die keramischen Farben mit der Glasur. Der Brand erfolgt meist in gasbefeuerten Durchlauföfen. Die Dauer des Brandes liegt zwischen 60 und 90 Minuten. Im Wesentlichen werden drei Temperaturprogramme unterschieden: Der 'Aufglasurbrand' (800°C - 900°C) lässt fast alle Farbnuancen zu, und wird für hochwertige Geschirr- und vor allem für Geschenkartikel eingesetzt.
Der 'Inglasurbrand' (1200°C - 1250°C), die heute häufigste Variante, bringt die Keramfarben zum Einsinken in die Glasur, die Dekoration ist damit spülmaschinenbeständig. Die Farbauswahl ist hier etwas kleiner als beim Aufglasurbrand. Der 'Scharffeuerbrand' (1300°C - 1350°C) ist notwendig für Kobaltdekorationen. Nur durch diese hohen Einbrenntemperaturen erzielt man das typische Erscheinungsbild des Kobalts.
Die weitere Veredelung
Hier ist vor allem die Ätzkantendekoration zu nennen, bei der die Motive tief in die Glasur eingeätzt und dann vergoldet werden.
Eine weitere Veredelung ist, die Oberflächenmattierung durch Sandstrahlen.
Auf der Abbildung links wird das Polieren von Golddekoren gezeigt.